1
Fotografieren bringt man sich selbst bei.
Ja, das kann man. Aber man kann auch eine Ausbildung machen (so wie ich) oder Fotografie studieren.
Der Vorteil einer Ausbildung ist meiner Meinung nach die praktische Erfahrung, der tägliche Umgang mit KundInnen und die Arbeit in einem Unternehmen mit den typischen Arbeitsprozessen. Am Ende hat man außerdem einen staatlich anerkannten Abschluss und ich finde es ziemlich toll mich offiziell Gesellin nennen zu können. 😁
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Eine Fotografen-Ausbildung dauert kürzer als andere Ausbildungen.
KundInnen waren oft erstaunt, wenn ich gesagt habe, dass die Ausbildung zur Fotografin genauso lang dauert wie jede andere duale bzw. handwerkliche Ausbildung: Drei Jahre (außer man verkürzt).
Und ja, es gibt genügend Inhalte um drei Jahre damit füllen zu können.
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Fotografieren ist ein Hobby, das später zum Beruf wird.
Für viele ist es das. Aber wenn du als FotografIn arbeitest hast du trotzdem genauso viel zu tun wie jeder andere selbständige Unternehmer. Du musst trotzdem Buchhaltung führen, Termine annehmen, Rechnungen schreiben, deine Ausrüstung pflegen und dich auch körperlich betätigen, denn fotografieren geht nicht vom Schreibtisch aus.
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Apropos Ausrüstung: Man kaufst sie einmal und hat sie dann für immer.
Schön wär's. Bei Kameras ist es wie bei Autos: Je mehr man sie benutzt, desto mehr nutzen sie ab. Beim Auto schaut man daher auf den Kilometerstand und bei der Kamera auf die Auslösungen. Nach einiger Zeit hat eine Kamera eben einfach ausgedient. Das gleiche gilt auch für Blitze, Lampen, Lichtformer usw.
Außerdem möchte man als FotografIn ja auch nicht, dass die Qualität der Bilder von veraltetem Equipment abhängt und dieses daher auch mal erneuern.
Fotoausrüstung ist ziemlich kostenintensiv und es reicht leider nicht, einmalig alles zu kaufen.
5
Nach dem Shooting ist die größte Arbeit getan.
Das scheint vielleicht manchmal so. Der/Die FotografIn kommt zum Shooting, fotografiert eine Stunde und das wars dann. Tatsächlich muss er ja aber auch erstmal zur Shootinglocation hinkommen, danach wieder zurück. Dann kann er/sie erst anfangen die Bilder zu sichten und schließlich sie zu bearbeiten. Am Ende werden diese vielleicht noch gedruckt oder den KundInnen online zur Verfügung gestellt und das alles braucht Zeit.
Deshalb bezahlt man bei einem Shooting nicht nur das Fotografieren, sondern den gesamten Prozess bis hin zum fertigen Bild.
6
FotografInnen machen für Freunde gerne umsonst Fotos.
Jein. Natürlich mache ich auch gerne mal umsonst Fotos mit Freunden und Bekannten, besonders, wenn ich diese dann auch für meine Eigenwerbung nutzen kann. Ganz oft bekomme ich von
engen Freunden aber trotzdem etwas und das ist dann auch genug.
Allerdings finde ich, dass man den/die FotografIn nicht fragen solle "Kannst du deine Kamera zur Feier mitbringen?" oder "Kannst du nur mal schnell ein paar Fotos von uns machen?", denn damit
bringt man den/die FotografIn in die unangenehme Lage seinen Wert erklären zu müssen und gibt ihm/ihr außerdem das Gefühl, dass seine Arbeit eben nichts wert ist.
Außerdem steckt hinter jedem/jeder FotografIn auch ein richtiger Mensch, der auch gerne einfach mal auf eine Hochzeit eingeladen werden möchte, ohne dort arbeiten zu müssen. 😌
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FotografInnen können ALLES bearbeiten.
Gut möglich. Von mir selbst würde ich das aber nicht behaupten, weil ich auf Bearbeitung nicht angewiesen bin. Natürlich verleihe ich jedem RAW-Foto meinen eigenen Look und passe die Farben an. Aber ich mache niemanden dünner und retuschiere auch keine BH-Träger weg.
Ich habe gelernt schon beim Fotografieren auf alles zu achten und solche Bilder aufzunehmen, die keine größere Bearbeitung mehr benötigen. Die wahre Kunst an der Fotografie ist eben nicht das Bearbeiten.
Außerdem sollte man sich nicht wünschen, dass man später dünner oder größer retuschiert wird. Steht viel lieber zu euch selbst! Wenn ihr unzufrieden seid, könnt ihr es eh nur selbst ändern.
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Wenn ich die Fotos gekauft habe, kann ich damit machen was ich möchte.
Hier möchte ich gar nicht so weit ausholen, Fakt ist einfach: Nein!
Ich werde als Fotografin immer Urheberin meiner Bilder sein, egal an wen ich sie verkaufe und deswegen kann ich auch nur ganz allein entscheiden, wer was mit welchen Bildern machen darf. Wenn ich Fotos verkaufe sind sie grundsätzlichen für den privaten Zweck gedacht und dürfen nur dann für Businesszwecke genutzt werden, wenn das mit mir so vereinbart wurde.
Das gilt übrigens nicht nur für mich sondern generell für alle FotografInnen und ist gesetzlich so festgelegt.
Es wäre einfach nicht richtig, Fotos von seiner Familie machen zu lassen und diese Bilder dann ungefragt für eine Werbekampagne zu nutzen, die einen Haufen Geld einbringt.
9
Influencer machen genau so gute Fotos wie FotografInnen.
Ja! Das stimmt definitiv, besonders auf Instagram gibt es viele tolle Menschen die unglaubliche Fotos machen und das zeigt, dass eine klassische Ausbildung oder ein Fotografie Studium nicht immer unbedingt nötig sind.
Aber: Oft frage ich mich, wie leicht es den Influencern mit den vielen schönen Fotos fallen würde, Bilder von Personen zu machen, die z.B. ein geringes Selbstwertgefühl haben, eigentlich gar nicht fotografiert werden wollen oder einfach gar keine Erfahrung damit haben.
Das sind nämlich oft die KundInnen, die zu einem meiner Shootings kommen und das ist für mich kein Problem, denn ich kann mit Feingefühl und Erfahrung von jedem schöne Fotos machen, weil ich es eben gelernt habe. 💪🏼
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FotografInnen müssen nur auf den Auslöser drücken und das Foto ist fertig.
Ich glaube diesen Satz hassen alle FotografInnen.
Fotografie ist ein Handwerk, das man jahrelang erlernen muss, ob man das jetzt in einer Ausbildung macht oder es sich selbst beibringt ist egal. Fakt ist, es braucht Zeit, Ausdauer und sehr viel Leidenschaft. Ansonsten würde ja jedes Foto von jedem Menschen ein Meisterwerk werden.
Zudem nützt es einem am Ende wenig, tolle Fotos machen zu können, wenn man damit nichts verdient. Um davon Leben zu können gehören auch noch viele viele andere Punkte dazu...
Wie gefällt euch dieser Blogeintrag? Kennt ihr vielleicht noch andere typische Mythen über die Fotografie? Schreibt sie in die Kommentare! 😊
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Naro (Sonntag, 24 Januar 2021 09:54)
Vielen Dank Anja, dass du uns mit deinen Blog etwas mehr aus dem Handwerk einer Fotografin beschreibst! Es ist wirklich interessant und toll geschrieben. Ja, die Kamera ist hierbei echt „nur“ ein Werkzeug zu betrachten und wie man damit umgeht und was man daraus macht ist die große Kunst! Gerne mehr davon! :)